Wie Larrys Griechenland-Tour begann, lest ihr hier:
Griechenland extrem – Teil 1
Griechenland extrem – Teil 2


18. Mai 2022

Wir haben Korfu schon gesehen und wollten hier eigentlich gar nicht wieder hin. Unser ursprünglicher Plan war sowieso komplett anders, aber davon haben wir uns nach unserer Ankunft in Ioannina bekanntlich verabschiedet. Korfu war nun die einzige Möglichkeit im Nordwesten Griechenlands, um nachtanken und anschliessend ausreisen zu können. Dass wir schon hier waren, war aber auch nicht schlecht. Ich konnte den schönen Approach nochmals fliegen und wir hatten nicht den “Drang”, etwas Neues anzuschauen. So setzten wir uns in eine Taverne und bestellten uns einmal mehr grilliertes mit einem leicht alkoholhaltigen Getränk dazu. Für die akustische Untermalung sorgten die vielen Airliner, die nur wenige hundert Meter weiter starteten. Thanks for having us, Greece.

19. Mai 2022

Nach einem gemütlichen Abend und einer erholsamen Nacht stand der nächste Flug an. Die Winde waren zwar immer noch da, aber deutlich schwächer ausgeprägt als gestern. Erstmal war Sicherheitskontrolle angesagt, na, wer erinnert sich noch an die erste Kontrolle in Korfu? Genau! Nach wie vor mit T-Shirt und Dreiviertelhose gekleidet – wir hatten schliesslich Ferien – liefen wir ins Terminal. Der Handler war der gleiche wie das letzte Mal und ich sagte ihm, dass ich dieses Mal nicht wieder den Stress mit diesen Möchtegernpolizisten haben will, sonst könnte ich unangenehm werden. Ich habe schliesslich Mineralwasser dabei und werde es nötigenfalls einsetzen!

Am Checkpoint dasselbe wie immer: “Any liquids?” – “Yes, of course.” Und da waren sie schon, die erstaunten Blicke! Nein, ich will nichts provozieren. Aber ich will auf knapp 2 Stunden Flug etwas trinken können, schliesslich haben wir keine Stewardess mit Getränketrolley dabei und als Crew ist es schlicht und einfach mein Recht, Flüssigkeiten durch den Flughafen zu schleppen.

“Can you please take the liquids out?”
“We are on a private flight and I am the commander of the aircraft.”
“You are crew? Show me your ID!”
Einmal mehr habe ich die AOPA Karte gezückt. Ich glaube, damit könnte ich eigenhändig über Griechenland regieren. Das tödliche Mineralwasser durfte im Koffer bleiben und ging mit durch den Scanner.

Die Dame auf der anderen Seite des Metalldetektors bekam von all dem nichts mit. Sie bat mich darum, meinen Koffer zu öffnen. Gefragt war nicht der mit den Unterhosen und dem Kampfwasser, sondern mein Fliegerkoffer. Ich bin überzeugt, dass dessen Inhalt auf dem Scanner echt witzig aussieht, schliesslich reihen sich dort drin Tablet an Handfunkgerät an SkyEcho2 an Bose A20 an Powerbank an Sackmesser (ein äusserst nützliches Victorinox Cybertool, keine Machete), dazwischen klimpern noch Auto- und Wohnungsschlüssel rum und ein paar Kabel und frei fliegende Ersatzbatterien hats auch noch.

Ich fragte die Dame: “What do you need to see?”
“Sir, I want to check the contents of your bag, please.”
“Yes, but what exactly do you need to see? I am crew and this is my pilots bag”.
“Show me your ID.”
… die AOPA Karte wurde einmal mehr gezückt. Ich habe das Gefühl, dass sie nicht so amüsiert war wie ich. Der Koffer blieb die ganze Zeit über zu und wir waren durch. Langsam finde ich die Kontrollen mehr lustig als nervig.

Nochmals grosse Flughafenluft schnuppern. Airliner starten und landen, während wir unsere kleine Kolbenmaschine bereitmachen…

… und nebenbei von Insektenresten befreien, übrigens nicht zum ersten Mal. VFR heisst Sichtflug, dazu sollte man aus dem Fenster sehen können.

Wir wollen bekanntlich in den Norden und die Piste 34 kriegen wir auf Nachfrage. Wir haben zwar beim Start etwas Rückenwind, aber das könnte mir auf fast 2.5km Runway nicht egaler sein. Was für ein Ausflug! Vor über einer Woche liefen wir da selbst umher, jetzt steigen wir darüber weg: Die neue Festung, die Altstadt, dahinter die alte Festung.

Enroute über Albanien:

Mazedonien:

Nun waren wir in Dubrovnik. Dubrovnik? Da wollten wir ganz zu Beginn hin. Aufgrund der grossen Planänderung habe ich es einfach auf dem Rückweg eingebaut und es hat funktioniert.

Bisher geflogen: 14 Stunden

Wir waren noch näher an zu Hause. Traurig darüber, Griechenland bereits verlassen zu haben, aber nach wie vor glücklich darüber, dass bis hierhin trotzdem alles gut funktioniert hat. Den restlichen Tag nutzten wir, um ein wenig Sightseeing zu machen. Die Altstadt war morgen an der Reihe, heute ging es mit einer Garaventa Seilbahn aus der Schweiz für teures Geld (30 Franken!) auf den Hausberg Dubrovniks. In der Talstation hängt eine typisch schweizerische Kuhglocke, geschmückt mit je einer Flagge der Schweiz und einer Kroatiens.

20. Mai 2022

Endlich wieder ein Tag ohne Flugzeug. Versteht mich bitte nicht falsch, aber das tut schon gut, wir wollten schliesslich auch unsere Destinationen besichtigen und nicht nur in der Luft sein. Zum zweiten Mal auf dieser Reise gings aufs Wasser, ein Sightseeing Boot zeigte uns Dubrovnik von der Meerseite aus. Wir hatten Glück, nebst uns kam keiner mit. Eine private Tour zum Preis einer öffentlichen!

Auch zu Fuss erkundigten wir Dubrovnik. Hier war in Sachen Tourismus mit Abstand am meisten los. Von jung bis alt war alles vertreten. Ich vermisse gerade ein wenig die Ruhe auf Kythira und Kefalonia… Trotzdem wars schön anzuschauen.

21. Mai 2022

Das war es mit den flugfreien Tagen. Heute und morgen werden wir im Flugzeug sitzen, die heutige Destination ist für mich fast schon wie daheim. Es geht an meinen Lieblingsflugplatz und einen für mich ganz besonderen Ort: Portoroz! Mein allererster Auslandsflug führte mich da hin, ich denke, das reicht für eine besondere Beziehung zu dem Ort. Die Sicherheitskontrolle in LDDU war ein non-event: Mit einem Handler und einer Crew eines Privatjets (Beide Piloten im Anzug, Stewardess mit Rock, wir zwei wie Volltrottel dahinter) ging es durch den Crew-Durchgang. Alles musste aufs Band, aber keiner hat den Inhalt unseres Gepäcks verteufelt. Die zu entrichtenden Gebühren waren extrem: 220 Euro wollte man von uns, AOPA Rabatt gibts hier nicht. Kefalonia war fast schon ein Schnäppchen dagegen und verglichen mit Dubrovnik habe ich das Gefühl, in Losinj und Ioannina jemanden beraubt zu haben. Was das betrifft, kann ich von einem Besuch in LDDU nur abraten. Wer will, der soll. Die Leute waren freundlich, es hat alles wunderbar funktioniert und das AVGAS war billig. Für dieses Geld werde ich da aber nicht mehr hinfliegen. Die vielen kleineren Plätze sind deutlich attraktiver und die Städte nicht so überlaufen. Einen Stempel gabs auch nicht. Man war zwar gewillt, einen in mein Logbuch zu drücken, vermutete ihn aber irgendwo im neuen GA-Terminal, welches vor der Saison noch nicht geöffnet hatte.

In Dubrovnik starten wir auf Runway 29, ein wenig low-level Sightseeing beim Steigflug stand auf dem Programm.

Weil der Tiefflug auf Dauer nur Nachteile hat, steigen wir weiter auf 6500ft und genossen die Aussicht von weiter oben. 15 bis 20 Knoten Gegenwind bremsten uns aus, trotzdem lieferte die 182er immer einen deutlich dreistelligen Groundspeed. Die Lotsen waren in Kroatien wie immer ein Traum. Flugpläne sind selbst für Lokalflüge Pflicht, aber man bekommt eigentlich immer was man will, auf der Höhe die man will.

124.880, die Frequenz von Portoroz und eine der Handvoll Frequenzen, die ich auswendig weiss. Schön, wieder hier zu sein. Willkommen im Paradies für General Aviation! In LJPZ gibts Stempelkarten wie beim Dönermann, die sechste Landung ist gratis. Das ist bei mir das nächste Mal der Fall.

Bisher geflogen: 16 Stunden 35 Minuten

Endlich mal Erholung! Hier kenne ich mich im Gegensatz zu den anderen besuchten Orten aus und weiss, wo ich hinwill. Kein unnötiges rumlaufen, keine Entdeckungsreise. Das Ticket für die Busse der Gemeinde Piran ist immer in meinem Pilotenkoffer, man weiss schliesslich nie, wann man sich spontan in LJPZ wiederfindet. 😉 Wir entspannten in Piran, assen und tranken gut und an uns bekannten Orten. Derselbe Kollege war auf meinem ersten Auslandsflug nach LJPZ auch schon dabei. Nun fühlten wir uns tatsächlich sehr nahe an zu Hause. Das Alpenwetter für den morgigen Rückflug versprach ebenfalls gut zu werden, so war ich tiefenentspannt im Wissen, dass es morgen ohne Komplikationen nach Hause geht.

Tartini-Platz in Piran:

22. Mai 2022 – 10. Flug und Heimreise

Jetzt schon? Irgendwie wäre ich gerne noch länger geblieben. Aber wie ich schon im ersten Beitrag schrieb, Portoroz ist direkte Nachbarschaft. Hier komme ich bald wieder hin. Ich freute mich schon darauf, den Flieger gewaschen im Hangar zu parkieren. Mein eigenes Bett und meine eigene Dusche erwarteten mich, oder ich sie. Kurz nach 9 Uhr Lokalzeit geht es los, denn am Nachmittag sollen die Alpenpässe unpassierbar sein, das WEF stellt ein zusätzliches Hindernis dar.

Departure outbound PN1 – VICKY. Daran werde ich mich auch nie satt sehen.

Auf 4500ft ging es bei schwachem Wind über die Poebene, weiter oben waren die Winde deutlich stärker. 20-25 Knoten Westwind waren prophezeit, das würde uns nur ausbremsen. Nach Bassano del Grappa gings nicht mehr anders, da beginnen die italienischen Voralpen. Wir steigen auf 9500ft, die Alpen waren abgesehen von ein paar dekorativen Cumuli und einzelnen Tälern wolkenlos.

Die Turbulenzen waren selbst für mich völlig im Rahmen und das will was heissen, denn ich hasse TURB. Schon heute früh entschied ich mich für eine alternative Route, die ursprünglich geplante hätte uns weit ums WEF herum geführt. Da der Luftraum erst ab Mittag aktiv war, nutzten wir dies und flogen einmal quer durch. Über den Bernina- und Julierpass ging es nordwärts. Mit Samedan Information stand ich in Kontakt, nebst mir war aber keiner in der Region. Auch mein Tablet zeigte mir keinerlei Traffic an. Angesichts der bevorstehenden Aktivierung von LS-R90 (dem WEF-Luftraum) und den nicht besonders angenehmen Winden nicht weiter verwunderlich. Zwischen Bernina und Julier wurde es kurzzeitig ungemütlich, es laufen mehrere Täler zusammen und es war nun mal nicht windstill. Mein Fluglehrer pflegte immer zu sagen: “Es findet draussen statt.”

Ich meldete Samedan Information, dass wir uns nun dem Julier nähern und ergänzte auf breitestem Zürideutsch: “Noch nicht viel los bei euch, was?” – “Nein, es bleibt vermutlich auch so.” Ich habe nicht nachgefragt, aber es ist ja doch noch Corona und wahrscheinlich bleiben die Affen dem Zirkus dieses Jahr dadurch fern, äääh… Wir verabschiedeten uns und ich leitete unseren letzten Sinkflug ein, ab jetzt wurde das Terrain unter uns immer flacher und tiefer. Hohenems war ums Eck, die Cessna war wieder daheim, nach einer gründlichen Wäsche und viel Büroarbeit war alles erledigt.

War es das schon? Das kann doch noch nicht das Ende sein! Am dritten Tag in Bol fühlte es sich an als seien wir schon eine Woche unterwegs, danach vergingen die Tage extrem schnell. Ich war überall physisch anwesend, aber gefühlt blieben keine Erinnerungen zurück. Alles geschah so schnell, enorm viele Eindrücke prasselten auf uns herein. Ein komischer Mix aus Heim- und Fernweh gleichzeitig stellte sich ein. Wir sind wieder zu Hause, alles ging gut. Aber waren wir jemals in den Ferien? Ich will wieder weg, ans Meer. Ich will aber auch nach Hause, zu meiner Freundin, zu meinen erdgebundenen Fahrzeugen. Die sind nicht so anfällig auf Wind. 😉

Ich schreibe diesen Bericht auch aus Eigennutz. Bitte haltet mich nicht für verrückt, aber ich will damit für mich selbst verarbeiten, was ich auf dieser Reise alles erlebt habe. Gleichzeitig will ich dieses Erlebnis mit euch teilen und andere Privatpiloten dazu inspirieren, es mir gleich zu tun. Rund um Hohenems und in den Voralpen ist es wunderschön, keine Diskussion. Aber die Welt hat mehr zu bieten. Auf eigene Faust mit dem Flugzeug zu Reisen ist für mich das Nonplusultra. Das Gefühl, gerade selbstständig 10 Autostunden weggeflogen zu sein und alles richtig gemacht zu haben, ist für mich unbeschreiblich. Unser Hobby (oder für einige auch Beruf) ist ohnehin nicht anspruchslos und Challenge darf oder muss sein. Zugegeben, in Griechenland VFR fliegen war schon ziemlich schwierig. Slowenien und Kroatien sind deutlich einfacher, näher, absolut Anfängergeeignet und nicht weniger schön.

Endabrechnung

Dauer der Reise: 14 Tage
Flugzeit total: 19 Stunden
Zurückgelegte Distanz: 2082 NM
Landungen: 10
Inseln besucht: 5
Landegebühren bezahlt: ~1020€ (komplett bekloppt)

Griechenland VFR extrem – ein Fazit

Es war traumhaft und wir bereuen nichts. Die unerholsamsten und stressigsten Ferien meines Lebens waren gleichzeitig die ereignisreichsten. Nicht, dass ich in meinen bisherigen Ferien nichts unternommen hätte, aber ein Roadtrip in den USA oder zwei Wochen am Strand liegen ist halt doch deutlich einfacher als auf eigene Faust in die Grenzregion zwischen Europa, Asien und Afrika zu fliegen. An einem Zeitpunkt waren wir nur 200NM von der Türkei und von Libyen entfernt.

Würde ich es wieder tun? Vermutlich. Das nächste Mal lieber mit zwei Piloten und etwas mehr Avionik. Ich würde bei einer Wiederholung gerne mehr von Griechenland sehen, so wie ursprünglich vorgesehen. Geplant war der Einflug über Ioannina und danach Kythira, Heraklion, Rhodos, Syros und Skiathos anzusteuern.

Was gefiel mir in Griechenland am besten? Ganz klar Kythira. Es ist abgelegen, alles ist fremd, es war wundervoll. Fernab vom Pauschaltourismus war alles viel günstiger und ursprünglicher. Sicher verhalf auch der Mietwagen zum ersten Rang, denn es gab enorm viel zu entdecken. Direkt danach folgt Kefalonia. Dort wäre ein Mietwagen vermutlich auch gut gewesen, ich bin überzeugt, dass die Insel viel zu bieten hat. Die Stadt Korfu ist nett, aber das wars auch schon. Nicht falsch verstehen, aber wer da unbedingt hinwill, der kann das auch mit dem Airliner direkt ab Zürich nonstop und kann sogar noch die Fluggesellschaft aussuchen. Ioannina hat uns nach einem durchwachsenen ersten Eindruck positiv überrascht. Kann ich als Ein- und Ausreiseflughafen absolut empfehlen und für einen Tag ists auch gut, länger Ferien machen würde ich dort persönlich nicht. Kulturell hat es viel zu bieten, aber es ist eben nicht das Postkartengriechenland, welches man auf so einer Reise erleben will.

In Kroatien gefiel uns Bol sehr gut und auch Losinj bleibt uns vom letzten Flug nur positiv in Erinnerung. Dieses Mal musste Losinj lediglich als Tankstopp herhalten. Ich will Dubrovnik nicht schlechtreden, aber es ist sehr touristisch und auch da kommt man einfacher und günstiger mit dem Airliner hin als mit der SEP. Mit letzterer sind die Kosten enorm und in meinen Augen nicht gerechtfertigt.

Zu Portoroz und Piran muss ich mich vermutlich nicht äussern. Da muss jeder Pilot einfach mal hin, es lohnt sich zu jeder Jahreszeit, der Flughafen ist unglaublich gut und die Destination selbst lohnt sich natürlich auch. Zuletzt waren wir im Februar mit der D-EURL da, nur gerade zwei Stunden dauert der Flug auf direktem Weg ab LOIH.

Ich hoffe, mein stellenweise nicht ganz ernstgemeinter Bericht hat euch erfreut und macht dem einen oder anderen Lust, auch mal etwas weiter weg ins Ausland zu fliegen.
Larry